Sind Eigentümer, die einer baulichen Veränderung nicht zustimmen, in jedem Fall von der Kostentragungspflicht befreit?

Nach § 16 Abs. 6 WEG sind Eigentümer, die einer baulichen Veränderung nach § 22 WEG nicht zugestimmt haben, nicht verpflichtet, sich an den Kosten zu beteiligen. Eine immer wiederkehrende Frage in diesem Zusammenhang ist, wie diese Vorschrift im Einzelnen zu verstehen ist. Kann sich ein Eigentümer, der nicht zugestimmt hat, in jedem Fall der Kostentragungspflicht entziehen oder muss noch ein weiteres Kriterium hinzukommen?

Was sagen die Gerichte?  

Die Frage ist derzeit unentschieden. Das OLG München (ZMR 2008, 905) meint, dass es allein auf die Nichtzustimmung ankommt. Dagegen entschied das OLG Hamm (ZMR 2002, 965), dass  weiter zu prüfen ist, ob die Zustimmung des jeweiligen Eigentümers entbehrlich war. Dies ist dann der Fall, wenn sich auch ohne die Zustimmung des betroffenen Eigentümers eine ausreichende Mehrheit für die bauliche Veränderung gefunden hat.
In einer neuen Entscheidung hat sich nun das LG München I (1 S 1089/10) der Meinung des OLG Hamm angeschlossen. Der Sinn und Zweck des § 16 Abs. 6 WEG liege nicht vorrangig darin, Wohnungseigentümer zu entlasten, die aus einer Maßnahme keinen Nutzen ziehen möchten. Miteigentümer, die eine bauliche Veränderung insgeheim wünschen, könnten sich auf diese Art und Weise sonst der Kostentragungslast entziehen.
Die Entscheidung des LG München befindet sich derzeit in Revision beim Bundesgerichtshof, sodass demnächst hoffentlich mit einer abschließenden Entscheidung in dieser Rechtsfrage gerechnet werden kann.

Praxishinweis:

Verwalter, die einen entsprechenden Beschluss für eine Eigentümerversammlung vorbereiten und später durchführen sollen, müssen sich derzeit noch entscheiden, welcher Rechtsmeinung sie sich anschließen wollen. Ggf. sollten sie diese im Beschlusstext zum Ausdruck bringen.