Kann der Vermieter seinen in einem gerichtlichen Vergleich festgestellten Räumungs- und Herausgabeanspruch gegen den Mieter verwirken?

Aufgrund eines gerichtlichen Räumungsurteils oder Räumungsvergleiches kann der Vermieter den Mieter jederzeit räumen lassen. Es kommt aber immer wieder zu Situationen, in denen der Vermieter den Mieter in der Wohnung belässt, weil es beispielsweise ein stillschweigendes Agreement zwischen den Parteien gibt. Kommt es dann später erneut zu Problemen zwischen Vermieter und Mieter, stellt sich die Frage, ob der Vermieter von seinem gerichtlichen Räumungstitel noch Gebrauch machen darf.

Was sagen die Gerichte?

Das LG Darmstadt (308 C 7/19, Beck RS 2019, 8009) hat sich hierzu geäußert. Im entschiedenen Fall hatten Vermieter und Mieter im Jahre 2006 einen gerichtlichen Räumungsvergleich geschlossen. 2016 kam es zu erneuten Auseinandersetzungen und 2018 kündigte der Vermieter den bestehenden Mietvertrag (erneut) wegen Zahlungsrückständen und beauftragte den zuständigen Gerichtsvollzieher mit der Räumung.

Das LG Darmstadt kam hier zu der Auffassung, dass der Vermieter den Anspruch aus seinem gerichtlichen Räumungstitel verwirkt hatte. Dies zum einen aufgrund des Zeitablaufes von 12 Jahren; zum anderen habe er über Jahre hinweg aber auch die Zahlungen des Mieters als „Miete“ angenommen. Man könne aber nicht über eine lange Zeit hinweg einen Räumungstitel vorhalten, um spätere „Verfehlungen“ des Mieters zu ahnden.

Praxishinweis:

Ob eine Verwirkung vorliegt ist immer eine Frage des Einzelfalls (OLG Hamm, Rechtsentscheid vom 01.10.1981, Beck RS 9998, 58622). Vermieter sollten in Fällen wie in dem vom LG Darmstadt vorsorglich von Zeit zu Zeit deutlich machen, dass sie sich die Rechte aus dem Räumungstitel vorbehalten.