Die Reform des WEG-Rechts verursacht vielen Verwaltern Kopfschmerzen. Zentrale Dinge wie Kostenverteilung und Beschlussfassung wurden geändert, Machtverhältnisse neu justiert. Liegenschaftsbetreuer können künftig grundlos in die Wüste geschickt werden. Was sind die wichtigsten Änderungen und was vermeintliche Knackpunkte, mit denen sich vielleicht bald Gerichte befassen müssen?

 

Beim neuen Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WeMOG), das Anfang Dezember 2020 in Kraft trat, blieb kaum ein Stein auf dem anderen. Viele grundlegende Vorschriften wurden verändert. Eines der Ziele war es, den Verwalter oder die Verwalterin mit mehr Rechten auszustatten, um die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) handlungsfähiger zu machen, indem zum Beispiel Entscheidungen, die eine Mehrheit trägt, nicht von einzelnen Eigentümern blockiert werden können. Neu geregelt wurde auch die Verteilung der Kosten.

 

Grundlose Abberufung des Verwalters

Große Angst innerhalb der Verwalterbranche verbreitet die Neuregelung, dass Verwalter grundlos abberufen werden können und ihr Vertrag spätestens sechs Monate danach automatisch erlischt. Diese Vorschrift kann nicht mit anders lautenden Beschlüssen aufgehoben werden. Ein finanzielles Problem könnte sich bei Verwaltern zeigen, die ein Mandat für eine neue WEG im Laufe des vergangenen Jahres (vor der WEG-Reform) abgeschlossen haben. Mit der Novelle könnte sich die Geschäftsgrundlage des Vertrages geändert haben. Sind sie doch davon ausgegangen, dass ihr Vertrag z.B. mindestens drei Jahre läuft. Der hohe zeitliche Anfangsaufwand für das Einpflegen der Daten der neuen WEG in die EDV, das Sichten der Unterlagen etc. haben sie vermutlich über drei Jahre in ihrer Vergütung berücksichtigt. Wird ihr Vertrag nunmehr nach einigen Monaten gelöst, bleiben sie auf diesen höheren personellen Anfangskosten sitzen. Verwalter könnten in diesen Fällen theoretisch von der Eigentümergemeinschaft eine Ausgleichszahlung verlangen, weil sich die Geschäftsgrundlage mit dem neuen WEG-Recht geändert hat. Ob dies wirklich möglich ist, werden ggf. die Gerichte entscheiden. Bei neuen Verträgen sind Liegenschaftsbetreuer gut beraten, eine Staffelvergütung zu vereinbaren, die beispielsweise im ersten Jahr höher liegt als in den Folgejahren. Alternativ könnten sie zu Beginn der Mandatsübernahme eine einmalige Einrichtungsgebühr von den Eigentümern verhandeln.

Ab 1. Dezember 2022 haben Gemeinschaften einen Anspruch, dass ihre Verwalterin oder ihr Verwalter zertifiziert ist. Das Bundeswirtschaftsministerium arbeitet gerade an einer entsprechenden Regelung. Wahrscheinlich sollen örtliche IHKen Prüfungen durchführen. Insbesondere für kleinere Unternehmen könnte der zeitliche Aufwand für die Zertifizierungsvorbereitung unverhältnismäßig groß sein. In bestimmten Ausnahmen kann auf diese Qualifizierung verzichtet werden, so wenn ein Eigentümer seine Gemeinschaft verwaltet oder der Verwalter weniger als neun Einheiten betreut oder sich die WEG dafür ausspricht, keinen Wert auf eine Zertifizierung zu legen.

 

Online-Teilnahme an Eigentümerversammlung

Wäre das WoMEG außerhalb der Pandemie beschlossen worden, hätte die Möglichkeit, einer Eigentümerversammlung auch online beiwohnen zu können, vermutlich kaum Wellen verursacht. So aber ist das Thema brandaktuell.

Ein häufiges Missverständnis muss vorweg geklärt werden: Viele stellen sich eine Online-Versammlung wie eine Videokonferenz vor. Dem ist nicht so; vielmehr sind es Hybrid-Versammlungen, weil Eigentümer auch weiterhin persönlich teilnehmen dürfen, etwa im Büro des Verwalters. Nehmen beispielsweise zehn Eigentümer persönlich teil, 30 weitere online an ihren Tablets und PC, muss der Verwalter dafür sorgen, dass die Online-Teilnehmer die Wortbeiträge der Anwesenden hören können, um sich ihre Meinung zu bilden. Möglicherweise muss der Verwalter hierfür einen extra Kameramann beauftragen, der Wortbeiträge und Stimmabgabe in der Versammlung filmt und live streamt. Im Vorfeld muss die Gemeinschaft entscheiden, welche Technik verwendet werden und wie die Abstimmung erfolgen soll (Handzeichen, elektronisch, per SMS oder Messenger wie WhatsApp). Um die Nichtöffentlichkeit zu gewährleisten, sollte an die Online-Teilnehmer mit der Einladung ein passwortgeschütztes Login verschickt werden. Die Versammlung darf nicht aufgezeichnet werden. Je nach abgeschlossenem Verwaltervertrag beantwortet sich die Frage, ob eine Verwalterfirma ihre Mehrkosten für Hybrid-Versammlungen der Gemeinschaft in Rechnung stellen kann oder ob dies zur Grundleistung der Verwalterfirma zu zählen ist. In Zweifelsfällen wird dies von den Gerichten zu klären sein.

 

Keine Umlageschlüssel mehr bei Jahresabrechnungen?

Jahresabrechnungen sind nur noch anfechtbar, wenn das rechnerische Ergebnis der (Einzel-)abrechnung nicht stimmt. Früher war dies auch bei Formfehlern in der Darstellung möglich. Konsequent zu Ende gedacht, würde dies bedeuten, dass ein fehlender Umlageschlüssel keinen Anfechtungsgrund mehr darstellt. Ob die Gerichte dies auch so sehen werden, bleibt abzuwarten. Verwalter sind gut beraten, die Schlüssel einer höheren Transparenz wegen weiterhin aufzuführen, da unabhängig von der Frage der Anfechtbarkeit der grundsätzliche Anspruch auf Erstellung einer ordnungsmäßigen Abrechnung weiter besteht.

 

Beschlüsse äußerst genau formulieren

Bei Beschlüssen zu baulichen Veränderungen reicht künftig eine Mehrheit von 51 Prozent, um die Maßnahme umzusetzen. Lediglich bei grundlegenden Umgestaltungen der Immobilie muss eine Allstimmigkeit vorliegen. Die Kosten sind in der Regel nur von dem Eigentümer zu tragen, zu dessen Gunsten eine Maßnahme beschlossen wurde, z.B. Einbau einer E-Ladestation. Ansonsten gilt, dass Maßnahmen, die mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen wurden, von allen Eigentümern zu tragen sind, es sei denn, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden. Eine Kostenbeteiligung aller Eigentümer ist außerdem vorgesehen, wenn die Ausgaben sich in absehbarer Zeit amortisieren.

Den Begriff der grundlegenden Umgestaltung der Wohnungsanlage gab es im alten WEG nicht. Ebenso ist offen, wann ein Wohnungseigentümer durch eine bauliche Änderung unbillig benachteiligt wird. Insoweit werden solche Fälle vermutlich bald vor Gericht landen. Das Gleiche gilt auf der Kostenseite für die Frage, wann von einer Amortisation der Investition in einem angemessenen Zeitraum auszugehen ist.

Unerlässlich wird es sein, die Beschlüsse sehr genau zu formulieren. Gerade bei Maßnahmen, bei denen Eigentümer einen Anspruch auf Realisierung haben, wie behindertengerechte Umbauten oder den Einbau von Ladepunkten für Elektroautos. Es muss klar sein, was gemacht wird, welche Eigentümer das Vorhaben bezahlen, für die Instandhaltung aufkommen und wie vorzugehen ist, wenn beispielsweise künftig weitere Eigentümer Ladestationen wollen und sich anteilsmäßig an den Erstellungskosten beteiligen sollen.

 

Welche Gründe für den Abschluss eines neuen Verwaltervertrags sprechen

Verwalter sollten sich fragen, ob sie versuchen sollten, mit ihren bestehenden Eigentümergemeinschaften neue Verwalterverträge abschließen. Zwei Gründe sprechen dafür. Erstens ist die Verwalterin nicht mehr für den teilrechtsfähigen Verband und die einzelnen Eigentümer zuständig. Vielmehr ist die Gemeinschaft eine Art Firma (rechtsfähiger Verband) und keine Ansammlung einzelner Personen mehr. Die Verwalterin fungiert als eine Art Geschäftsführerin. In vielen laufenden Verträgen ist zum Beispiel geregelt, dass Eigentümer verpflichtet sind, Einzugsermächtigungen zu erteilen. Mit der Neuregelung des Verhältnisses zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und dem Verwalter passt diese Vorschrift nicht mehr. Die einzelnen Wohnungseigentümer sind nämlich nicht Vertragspartner.

Zweitens: Wesentlicher ist die Neuregelung, dass Verwalter nach außen im Namen der Eigentümergemeinschaft viele Rechte wahrnehmen können. Grundsätzlich dürfen die Betreuer als Vertreter der Gemeinschaft alles, außer ungefragt Darlehen aufzunehmen und Grundstücke zu kaufen beziehungsweise zu veräußern. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sollte deshalb bereits in Abstimmung mit dem Verwalter diese Rechte im Verwaltervertrag im Innenverhältnis konkretisieren. Ratsam ist es beispielsweise, die Ausgabenhöhe zu begrenzen, so dass der Verwalter z.B. über Instandhaltungsausgaben bis maximal 2.000 Euro netto eigenmächtig bestimmen darf und außerdem eine Obergrenze von z.B. 20.000 Euro im Jahr festgeschrieben wird. Bei größeren Ausgaben muss dann ein Beschluss herbeigeführt werden.

Schließen Verwalter neue Verträge ab, sollten sie selbstredend an das WeMOG angepasste Verträge verwenden. Wollen sie laufende Kontrakte ändern, muss sich die Mehrheit der Eigentümer dafür aussprechen. Aber mit den genannten Argumenten sollte dies machbar sein.

 

Hinweis: Einen Muster-Verwaltervertrag hat  Haus & Grund Deutschland zusammen mit dem Verwalterverband vdiv erarbeitet. Er kann kostenlos runtergeladen werden: www.hausundgrund.de/verwaltervertrag. Der Autor hat an diesem Vertrag mitgearbeitet.