Manche Wohnungseigentümer meinen, sie könnten ohne weiteres einen Beistand oder Berater zu einer Eigentümerversammlung mitbringen, gerade wenn es „Knatsch“ gibt. Dem ist aber nicht so. Denn bei der Wohnungseigentümerversammlung gilt

der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit.

Dieser Grundsatz führt zum einen dazu, dass eine Versammlung nicht in einer öffentlichen Gaststätte stattfinden darf in der sich weitere Gäste aufhalten. Es muss immer sein separater Raum sein.
Wegen des Grundsatzes der Nichtöffentlichkeit können Eigentümer auch nicht ohne weiteres jemanden zur Versammlung mitbringen. Denn die Wohnungseigentümer sollen ihre internen Angelegenheiten vertraulich behandeln können und sollen auch ihre Meinungsverschiedenheiten grundsätzlich allein unter sich austragen. In diesem Rahmen sollen sie vor Einflüssen von außen geschützt werden und sich nur mit den ihnen bekannten Miteigentümern auseinandersetzen müssen. Das wird zum Beispiel deutlich, wenn z.B. geschäfts- und redeungewandte Eigentümer vorhanden sind, die sich von fremden Personen einschüchtern lassen könnten.

Beispiel: Die Eigentümergemeinschaft besteht nur aus älteren Damen und Herren (was gar nicht so selten ist). Und ebenfalls nicht selten ist es, dass einzelne Angehörige eine Versammlung dominieren.

Rechtsfolgen bei Verstößen

Wird gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit verstoßen, sind die Beschlüsse wegen eines formellen Fehlers anfechtbar. Sie sind aber nicht etwa automatisch unwirksam. Und auch eine Anfechtung geht nur durch, wenn der Verstoß kausal für den gefassten Beschluss ist. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der unbefugt Anwesende die Diskussion beeinflusst hat oder sich sogar in irgendeiner Weise an der Abstimmung beteiligt oder sich im Rahmen der Diskussion geäußert hat. Steht aber fest, dass das Ergebnis der Abstimmung durch diesen formellen Fehler nicht beeinflusst worden ist, reicht dieser Formverstoß allein nicht aus, um einen Beschluss für ungültig zu erklären

Teilnahmeberechtigte Personen

Wer stimmberechtigt ist, ist teilnahmeberechtigt. Das Teilnahmerecht und das Stimmrecht sind aber nicht deckungsgleich: Denn ein Eigentümer kann z.B. wegen eines Interessenkonfliktes einem Stimmverbot unterliegen, er ist aber trotzdem teilnahmeberechtigt. Das Recht auf Teilnahme bedeutet aber nicht nur Recht auf Anwesenheit. Kern ist vielmehr das Recht auf Beteiligung an der Willensbildung, also das Rederecht und das Recht, konkrete Anträge zur Beschlussfassung zu stellen.

Wohnungseigentümer sind immer teilnahmeberechtigt. Insolvenz-, Zwangs- und Nachlassverwalter oder Testamentsvollstrecker üben die Mitverwaltungsrechte aufgrund ihrer gesetzlichen Stellung aus, sind also – anstelle des Wohnungseigentümers – teilnahmeberechtigt. Auch Betreuer oder andere gesetzliche Vertreter sind teilnahmeberechtigt.

Bevollmächtigte

Jeder Wohnungseigentümer kann sich in der Versammlung durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen und sein Stimmrecht durch diesen ausüben lassen. Die Gemeinschaftsordnung kann aber Einschränkungen enthalten.

Hinweis: Der Versammlungsleiter hat zur Feststellung der Beschlussfähigkeit und zur Ermittlung, welche Eigentümer anwesend oder vertreten sind, den Bestand der Vollmacht überprüfen. Näheres dazu finden Sie hier.

Wichtig: Wer sich vertreten lässt, darf selbst nicht an der Eigentümerversammlung teilnehmen. Nimmt er gleichwohl teil, wird sein Bevollmächtigter zum grundsätzlich nicht teilnahmeberechtigten Dritten. Also: Entweder – Oder! Nur in bestimmten Fällen kann etwas anderes gelten.

Anwesenheit Dritter
Hier kommt es auf die Konstellation an:

Berater oder Beistand für einen Eigentümer
Im Grundsatz muss sich jeder Wohnungseigentümer anhand der Tagesordnung vor der Versammlung Rat holen. Er muss dann seine Meinung in der Versammlung selbst vortragen, oder – was auch geht – er schickt einen Vertreter.

Ein Wohnungseigentümer darf einen Beistand oder Berater nur dann mitnehmen, wenn er ein berechtigtes Interesse hat, beispielsweise, wenn er persönlich eingeschränkt ist oder aber wenn der Schwierigkeitsgrad der Angelegenheit dies erfordert. Wie oft in WEG-Sachen muss eine Interessenabwägung erfolgten: Das Interesse der anderen Eigentümer an der Nichtöffentlichkeit muss gegenüber dem Beistandsinteresse abgewogen werden.

Beispiel: Ein Eigentümer, der kein Deutsch spricht, darf einen Dolmetscher hinzuziehen. Der muss sich aber auf das Übersetzen beschränken. Er darf sich nicht zur Sache äußern.

Hinweis: Es gibt keine generelle Ausnahme für Rechtsanwälte!

Berater für die Gesamtheit der Eigentümer
Eventuell können Dritte im Interesse der Gesamtheit der Eigentümer an der Versammlung teilnehmen, etwa für eine Anhörung, Befragung oder Beratung zu einzelnen Tagesordnungspunkten. Das kann bei technischen oder rechtlichen Fragen in Betracht kommen.Der Berater muss die Versammlung nach Ende seiner Tätigkeit grundsätzlich verlassen.

Beispiel: Ein Handwerker soll konkrete Aussagen zu einer technischen Maßnahme machen oder eine Rechtsanwältin soll die Rechtslage zu einem bestimmten Tagesordnungspunkt darstellen.

Etwas dazu, wann der Verwalter einen Dritten zuziehen darf, finden Sie hier.

Entscheidung über die Teilnahme
Der Versammlungsleiter kann über die Anwesenheit Dritter, die zur Anhörung, Befragung oder Beratung erscheinen, entscheiden.  Gegebenenfalls kann durch einen Geschäftsordnungsbeschluss mit Stimmenmehrheit deren partielle Anwesenheit erlaubt werden.
Eine andere Frage ist, ob auch darüber abgestimmt werden kann, dass der Dritte auch zur Beteiligung an der Willensbildung anwesend sein darf. Das ist – wen wundert’s – auch wieder eine Frage des Einzelfalls.

Fazit: Die Teilnahme Dritter ist nicht selbstverständlich – im Gegenteil.  Sie ist gerade für die Versammlungsleiter nicht einfach zu handhaben. Wenn absehbar ist, dass in einer Versammlung externer Sachverstand erforderlich ist, sollte dies durch frühzeitige und klare Kommunikation und entsprechende Gestaltung der Tagesordnung vorbereitet werden. Eigentümer müssen sich im Klaren darüber sein, dass sie sich grundsätzlich nur außerhalb der Versammlung beraten lassen können.

 Rechtsanwalt Johannes Hofele  Fachanwalt für Steuerrechtvon Rechtsanwalt Johannes Hofele,
Fachanwalt für Steuerrecht
Breiholdt Rechtsanwälte