Die „Allgemeine Immobilien Zeitung“ fragte nach bei Rechtsanwalt Kai-Peter Breiholdt:

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass eine Umnutzung von Gewerberäumlichkeiten, also auch Büroräumen, in Wohnraum nach den jeweiligen Bauordnungen der Bundesländer genehmigungspflichtig ist, da es sich dabei um eine Nutzungsänderung handelt.

Ausnahmen sind theoretisch denkbar in solchen Bundesländern, deren Bauordnung für bestimmte Vorhaben eine sogenannte Genehmigungsfreistellung enthält, wie etwa die Bauordnung Berlin für bestimmte Typen von Gebäuden. Auch in einem solchen Fall muss allerdings der Behörde eine sogenannte Bauvorlage zur Prüfung eingereicht werden und das Vorhaben durch einen Vorbescheid der Behörde als insgesamt planungsrechtlich zulässig festgestellt worden sein.

Grundsätzlich sollte ein Investor aber davon ausgehen, dass eine Baugenehmigung erforderlich ist.

Könnte jede Büroimmobilie in ein Wohnhaus umgenutzt werden?

Nein. Wohnnutzung ist nur in bestimmten Gebieten bauplanungsrechtlich zulässig. Insofern sollte zunächst geprüft werden, ob für das Gebiet, in dem die Immobilie liegt, ein qualifizierter Bebauungsplan vorliegt und welche Nutzung er vorsieht. Die möglichen Nutzungen ergeben sich aus der Baunutzungsverordnung (BauNVO). Gibt es keinen qualifizierten Bebauungsplan, so muss geprüft werden, ob die nähere Umgebung einer Gebietskategorie der Baunutzungsverordnung entspricht.

Nach der Baunutzungsverordnung kommt im Grundsatz eine Umnutzung von Gewerberäumen zu Wohnflächen nur in den Gebiettypen allgemeines Wohngebiet, besonderes Wohngebiet, Mischgebiet und eventuell Kerngebiet in Betracht. In Gewerbe- und Industriegebieten ist Umnutzung dagegen grundsätzlich nicht zulässig. Die hier möglichen Ausnahmen dürften für interessierte Investoren in aller Regel uninteressant sein.

Unterstellt, eine Umnutzung ist in dem jeweiligen Gebiet zulässig: Welche weiteren rechtlichen Hürden können sich auftun?

Problematisch kann zunächst das Abstandsflächenrecht werden. Je nach Gebietstyp werden unterschiedliche Anforderungen an die Abstandsflächen von Gebäuden gestellt. Grundsätzlich beträgt die Abstandsfläche zum nächsten Gebäude 1 H (Höhe der jeweiligen Gebäudewand), um bei Wohnnutzung aus Gründen der Gesundheit eine ausreichende Belichtung und Besonnung zu gewährleisten. In Kerngebieten genügt nach vielen Landesbauordnungen aber eine Abstandsfläche von 0,5 H, mindestens aber 3 Metern. Dies kann im Einzelfall aber dazu führen, dass eine ausreichende Belichtung und Besonnung der Wohnung problematisch wird.
Weiter stellt sich die Frage der Stellplätze. Diese dürfte allerdings keine große praktische Bedeutung haben, da für die Wohnnutzung in der Regel eine geringere Anzahl von Stellplätzen notwendig sein wird als bei Gewerbeflächen.

Zudem muss hier auf die Bestimmungen der jeweiligen Landesbauordnung geguckt werden. In der Bauordnung Berlin gibt es eine Herstellungspflicht für Stellplätze nur noch in Zusammenhang mit der Errichtung öffentlich zugänglicher Gebäude, und zwar auch nur im Hinblick auf Parkmöglichkeiten für Schwerbehinderte und Behinderte im Rollstuhl.

Ein weiteres Problem kann die Freiflächengestaltung sein. Viele Bauordnungen enthalten die Vorschrift, dass bei Gebäuden mit mehr als 3 Wohnungen ein Kinderspielplatz zu errichten ist. Im Hinblick auf eine mögliche temporäre Nutzungsänderung könnte insoweit allerdings argumentiert werden, dass hierauf im Einzelfall verzichtet werden könnte.

Nur ergänzend möchte ich insoweit noch auf die möglichen Probleme von Brand-, Lärm- und Schallschutzanforderungen für Wohnnutzung hinweisen.

Erlischt der Bestandsschutz zu einer genehmigten Büronutzung mit der Umwandlung in Wohnraum?

Ja, nach erfolgter Umwandlung handelt es sich baurechtlich nicht mehr um Büro- sondern um Wohnraum. Eine „Rückänderung“ in Büroraum bedürfte wiederum einer Baugenehmigung, in deren Rahmen die allgemeinen Voraussetzungen zu prüfen wären.

Kann man sich eine Option zur Rückumwandlung in Büroraum von der Kommune garantieren lassen?

Dies ist leider nicht möglich, da die „Rückänderung“, wie oben schon gesagt, einer Baugenehmigung bedürfte und die Baubehörde sich insoweit nicht schon im Vorhinein binden kann.

Wie sieht es im Fall der Rückumwandlung von Wohn- in Gewerberaum mit dem Kündigungsschutz der Wohnraummieter aus?

Dieser richtet sich ganz normal nach den einschlägigen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Wohnraummietverträge sind bekanntlich praktisch unkündbar, wenn sich der Mieter nicht seinerseits Vertragsverletzungen zuschulden kommen lässt. Die Gründe, die eine ordentliche Kündigung rechtfertigen können, wie zum Beispiel Eigenbedarf oder wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks, werden in der Regel keine ordentliche Kündigung im Hinblick auf die Rückumwandlung rechtfertigen.

Zu denken wäre insoweit allerdings an eine nach dem BGB mögliche Befristung des Mietvertrages im Hinblick auf die Rückumwandlung in Gewerberaum. Dies gilt aber nur dann, wenn der Vermieter ein Befristungsinteresse im Sinne von § 575 BGB hat. Danach ist ein Befristungsgrund gegeben, wenn der Vermieter nach Ablauf der Mietzeit die Räume wesentlich verändern, instand setzen oder gar beseitigen will.

Es ist allerdings sehr fraglich, ob hierunter auch der Wunsch des Vermieters zu fassen wäre, die Mieträume nach einem festgelegten Zeitraum wieder in Gewerberaum umzuwandeln. Urteile liegen nach meiner Kenntnis hierzu nicht vor. In der mietrechtlichen Literatur wird die Frage allerdings ablehnend beantwortet. Es stellte insoweit also ein erhöhtes Risiko dar, wollte man die Befristung eines Mietvertrages auf diesen nach § 575 BGB grundsätzlich möglichen Befristungsgrund stützen.

Allgemeine Immobilien Zeitung 11/05