Ein formelhafter Ausschluss der Gewährleistung beim Erwerb neu errichteter oder so zu behandelnder Häuser ist auch in einem notariellen Individualvertrag unwirksam, wenn die Freizeichnung nicht mit dem Erwerber unter ausführlicher Belehrung über die einschneidenden Rechtsfolgen eingehend erörtert worden ist.

BGH, Urteil vom 08.03.2007 – VII ZR 130/05

Zum Verkauf steht ein Einfamilienhaus. Die Verkäufer hatten es vor Vertragsabschluss komplett entkernt und grundlegend saniert. Unter anderem hatten sie eine neue Bodenplatte, eine neue Zwischendecke zum Obergeschoss und neue Zwischenwände eingezogen. Außerdem wurden im Erdgeschoss Elektroleitungen, Wasser- und Heizungsrohre, Abwasserleitungen, Telefon-, Lautsprecher-, Antennen- und Datenleitungen unter Putz verlegt und zum Obergeschoss geführt. Die Fenster und die Hauseingangstür wurden erneuert.
Im Grundstückskaufvertrag wird folgender Gewährleistungsausschluss vereinbart:
„Der Kaufgegenstand wird verkauf in dem Zustand, in dem er sich am heutigen Tag befindet. Für die Größe des Grundstücks übernimmt der Verkäufer keine Gewähr. Er haftet auch nicht für offene oder versteckte Sachmängel, es sei denn, dass er solche dem Käufer arglistig verschwiegen hat.“
Während der Verlesung des Kaufvertrages hält der Notar bei dieser Stelle inne und fragt die Käuferin, ob sie das Objekt persönlich besichtigt und begutachtet habe. Die Käuferin antwortet mit „ja“. Außerdem ist ihr auf Grund ihrer Ausbildung die grundsätzliche Bedeutung eines Haftungsausschlusses bekannt. Nach erfolgtem Verkauf zeigen sich erhebliche Mängel, die letztlich sogar zum Abriss des Gebäudes führen.
Die Käuferin verlang Schadensersatz vom Verkäufer. Diese Klage wird von LG und OLG abgewiesen. Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Gründe des Gerichts:
Wie das OLG ist auch der BGH der Meinung, dass der Fall sich nach Werkvertrags- und nicht nach Kaufvertragsrecht beurteilt. Werkvertragsrecht gilt bei Altbauten dann, wenn der Veräußerer Bauleistungen erbringt, die insgesamt nach Umfang und Bedeutung Neubauarbeiten vergleichbar sind. In diesem Sinne sollte hier gewissermaßen eine „neue Immobilie“ entstehen. Im Kurzexposé für die Käuferin waren die bereits ausgeführten und noch auszuführenden Sanierungsarbeiten (siehe oben) umfangreich beschrieben worden.
Anders als das OLG hält der BGH aber den Gewährleistungsausschluss  im Kaufvertrag nicht für wirksam. Zwar handelt es sich hier um eine Individualvereinbarung, sodass – anders als bei AGB – ein Gewährleistungsausschluss grundsätzlich zulässig ist; der BGB rügt die hier verwendete Gewährleistungsklausel aber als  „ formelhaft“. Bei Verwendung solcher „formelhaften“ Klauseln müsste der Notar den Käufer eingehend über die einschneidenden Rechtsfolgen belehren. Dass der Notar bei der entsprechenden Stelle im Kaufvertrag „innegehalten“ und nachgefragt habe, ob die Käuferin das Objekt persönlich besichtigt habe, reiche nicht aus. Auch die Tatsache, dass die Käuferin auf Grund ihrer Ausbildung die Bedeutung von Gewährleistungsausschlüssen kannte, hilft dem Verkäufer nicht.

Rechtliche Einordnung:
Dass die Gerichte den Verkauf der sanierten Immobilie nach Werkvertrag – und nicht nach Kaufvertragsrecht – beurteilen, ist nicht überraschend. Dass der BGH jedoch den individualvertraglichen Gewährleistungsausschluss nicht gelten lässt, ruft ins Gedächtnis, welche hohen Anforderungen an solche Vereinbarungen zu stellen sind. Entweder es muss im Vertrag sehr konkret dargelegt werden, wofür die Mängelhaftung ausgeschlossen sein soll oder der Notar muss dem Käufer eine eingehende Belehrung erteilen. Rechtliche Vorkenntnisse des Käufers – das zeigt das Urteil – helfen insoweit nicht weiter.

Kommentar:
Schon der Beweis, dass eine Regelung individualvertraglich vereinbart wurde und deshalb nicht dem AGB-Recht unterliegt, ist häufig schwer zu führen. Der vorliegende Fall zeigt, dass aber auch dann noch einige Hürden überwinden sind.